Die Geschichte des MAGAZIN-Filmkunsttheaters
Das MAGAZIN befindet sich in einer heute denkmalgeschützen Wohnanlage, die damals von Fritz Schumacher als Heimstätte für einfache Arbeiter- und Rentnerfamilien konzipiert wurde. Die Anlage, zwischen den Straßen Krochmannstraße und Ohlsdorfer Straße gelegen, umfasst ca. 470 kleine Wohnungen und einen Saalbau im Inneren der Gartenhofanlage. Dieser Saalbau war ursprünglich als Speise- und Veranstaltungssaal mit Bühne und Orchestergraben für die Bewohner errichtet worden und wurde als solcher bis Anfang der 40er Jahre genutzt.
Ende des Jahres 1937 zogen die „Winterhuder Lichtspiele“ unter der Direktion der Herren Pfäffle & Stauffenberg in den Saal und etablierten sich hier wegen des anspruchsvollen Spielplanes als sehr geschätztes und anerkanntes Filmkunsttheater. Nach Zwangspausen während des Krieges, den die Wohnanlage weitgehend unbeschadet überstand, waren die „Winterhuder Lichtspiele“ nach dem Krieg das erste Filmtheater, das ob seines anspruchsvollen Programms eine Lizenz zur öffentlichen Vorführung von Filmen in der damaligen britischen Besatzungszone erhielt.
Pfäffle und Stauffenberg betrieben das Filmtheater bis in die frühen 60er Jahre mit Erfolg und weiter Anerkennung. Aus Altersgründen übergaben sie das Kino dann an einen neuen Betreiber, Horst Kretzer, der mehrere Bezirkskinos in der Stadt betrieb. Hierzu zählten u.a. die Eidelstedter Lichtspiele und die TINA-Kinos in Farmsen und Berne. Ende der 60er Jahre kam das Fernsehen in breiter Front in die Wohnzimmer der Deutschen und das große Kinosterben begann. Horst Kretzer versuchte noch, seine Kinos wie die anderen Betreiber auch mit Lederhosen- und bayerischen Heimatschmonzetten über Wasser zu halten, musste dann aber im Dezember 1973 endgültig das Licht der Projektoren abschalten.
Durch die für ein Kino eigentlich unglaublich schlechte Lage mitten in einem Wohngebiet ohne gute Verkehrsanbindung und Parkraum, war der Saal schlecht als Supermarkt, so wie es fast allen anderen Kinos erging, weiter zu nutzen. Hier bot sich daraus eine einmalige Chance. 1974 übernahm Gerd Fölster das Kino und führte es, seit 1975 zusammen mit Arndt Eggers, als MAGAZIN zu einem der ersten und erfolgreichsten Programmkinos der Republik. Hier erlebten Filmklassiker wie die „Rocky Horror Picture Show“ und Scorceses „Mean Streets“ ihre deutsche Erstaufführung, als noch keiner an diese Streifen glaubte. Die „Heinz Erhardt“-Filme und „Raumpatrouille Orion“ erlebten im MAGAZIN ihre Wiedergeburt und zogen von hier aus durch die Programmkinos der anderen Städte. Double Features und lange Filmnächte wurden im MAGAZIN entwickelt und bereicherten lange Zeit das Angebot vieler Programmkinos.
Heute ist das MAGAZIN in Hamburg das älteste, noch erhaltene und durchgehend bespielte Traditionskino.
Soweit ein bisschen Historie. Zwischenzeitlich sind die klassischen Programmkinos ausgestorben. Die heutige Kinolandschaft zeichnet sich durch Multiplexe, sog. „Arthouses“ und wenige Einzeltheater mit einem sehr eigenen Profil aus.
Zu letzteren zählt das MAGAZIN Filmkunsttheater.
Das MAGAZIN sollte 1997, da das Aus (des ebenfalls von Fölster & Eggers betriebenen Schwestertheaters) der alten KORALLE in Volksdorf wegen Umbau bevorstand und ein einziges Einzeltheater wirtschaftlich kaum noch Sinn machte, ebenfalls endgültig geschlossen werden. Die bisherige Betreibergesellschaft Fölster & Eggers wurde aufgelöst, und Arndt Eggers betreibt seitdem das MAGAZIN alleine weiter.
Seit mehr als 80 Jahren ist ein Kino an diesem Standort, davon nun seit 50 Jahren als MAGAZIN. Das MAGAZIN betrachtet sich heute als Filmkunsttheater mit einem Programm gehobenen Anspruchs, ohne die Arroganz zu besitzen, gute Mainstreamkomödien oder sonstige Filmerfolge seinem Publikum zensorisch vorzuenthalten. Bereichert wird das ohnehin schon sehr vielfältige Programmangebot z.B. durch Lesungen, Live-Konzerte, sowie das seit über 30 Jahren stattfindende KiTa-Kino in den Ferien, das von Kindergruppen aus dem Großraum Hamburg und dem Umland regelmäßig besucht wird. Hier ist das MAGAZIN das einzige Filmtheater in Deutschland, das ein derartiges Angebot macht!
Seit 2003 wurde auch das Angebot an Infotainment in Form der sonntäglichen Dokumentarfilmreihe deutlich ausgebaut. Zu erwähnen sind hier die beliebten Multi-Media-Vorträge in Zusammenarbeit mit den Film & Fernsehmuseum Hamburg, historische Hamburg-Filme, Biographien, Litereraturverfilmungen, u.a.m. Außerdem gibt’s regelmäßig und ganzjährig sonntags um 11.00 Uhr Matineen, jeden Di. und Do. um 16.00 „Kaffeeklatsch“ mit gratis Kaffee + Gebäck.
Ein weiteres regelmäßiges Events ist der Silvesterabend mit Filmklassikern der 30er-60er-Jahre mit Sekt und Glühwein für alle Gäste. Diese Veranstaltungen haben schon lange Kultcharakter für die Besucher.
2013 war endgültig das Ende der analogen Filmproduktion gekommen. Die Zeit des Filmstreifens und der Filmrollen sollten nun der Vergangenheit angehören. Das hieß auch fürs MAGAZIN „Ohne Filmrollen kein Kino mehr“! Also musste die ganze, völlig intakte und gepflegte Filmvorführanlage durch eine hochmoderne, digitale Projektion ersetzt werden. Hierfür wurde es auch nötig, die noch aus der „Kaiserzeit“ stammende, gesamte elektrische Hausanlage zu erneuern. Eine sechsstellige Summe wurde in Bild- und Tontechnik, sowie Hauselektrik investiert. Hierbei wurde ganz bewusst auf Qualität geachtet und auf die Installation der überall weit verbreiteten und effektheischenden Zeiterscheinung der 3D-Illusion verzichtet.
Die Besucher schätzen die Kombination aus klassischem, großen Kinosaal, moderner Technik, ansprechendem Ambiente mit dem Charme der vergangenen Kinozeit und einem vielfältigen und anspruchsvollen Filmangebot. High-Tech-Ambiente, Chrom und Popcorn sind hier nicht gewünscht.
Im Sommer 2007 hat sich ein Förderverein „MAGAZIN Filmkunst und Kultur in Winterhude e.V.“ gegründet, welcher zwischenzeitlich als gemeinnützig anerkannt wurde und sich für den langfristigen Erhalt dieser traditionsreichen Kultur- und Kommunikationsstätte in Winterhude einsetzt.
Informationen und Beitrittsformulare bitte anfordern bei:
MAGAZIN Filmkunst und Kultur in Winterhude e.V.
c/o Frau Erika Mielke
Telefon und Fax: 040 - 643 60 02